In meiner Tageszeitung schrieb irgendjemand über das Wetter an Ostern. Er schrieb aber weder über das „herrliche Wetter“ oder das „sommerliche Wetter“ – nein, er schrieb über das „Flip-Flop-Wetter“. Flip-Flops sind diese Schlappen, die man früher nur am Strand trug, bei denen ein Steg zwischen die Zehen geklemmt wird. Mein erster Gedanke war: Verfall der Sprache!
Doch je länger ich darüber nachdachte, desto treffender erschien mir der Ausdruck. Tatsächlich erscheint mir Flip-Flop-Wetter inzwischen als eine sehr genaue Beschreibung der Wetterlage, eine Beschreibung, die jeder versteht und die sogar ausdrückt, was noch alles dahinter steckt. Flip-Flop, Flip-Flop – dieses Geräusch verursachen die Schlappen beim Gehen, wenn sie gegen die Fußsohle schlagen. Ein lustiges Geräusch, ein Geräusch, das in unserem Kopf Gedanken an Freizeit, Sonne, Urlaub und Meer freisetzt. Wenn wir Flip-Flops anziehen, ist es auf jeden Fall warm und sonnig. Für Regen und Kälte sind sie ebenso wenig geeignet wie ein Spaghettiträger-T-Shirt.
Wort-Bilder, Bilder-Worte
In einem Comic würde man ein hüpfendes Mädchen im Sommer wahrscheinlich in Flip-Flops darstellen und neben die Füße würde dieses „Flip-Flop“ geschrieben. Ich finde solche Comic-Wörter gar nicht schlecht. Sie drücken durch einen allgemein bekannten Begriff viel mehr aus als es ein korrekt verwendetes Wort je könnte: das Wetter, ein Gefühl, eine Erinnerung. Sie sind wie Bilder. Fast immer, wenn über Roboter geschrieben wird, taucht ein Foto von R2D2 und seinem golden glänzenden Kollegen aus dem Film „Krieg der Sterne“ auf. Die beiden sind zum Synonym für Roboter mit menschlichen Fähigkeiten geworden. Die Flip-Flops sind Synonym für Sommer und Fröhlichkeit.
Viel besser als Unwörter
Auf jeden Fall ist mir das Flip-Flop-Wort wesentlich angenehmer als die weit verbreiteten Unwörter wie Umweltprämie, Kollateralschaden, Mitarbeiter freisetzen oder sozialverträglich u.ä. Es handelt sich dabei meistens um Wörter, die etwas Unangenehmes oder gar Schlechtes positiv verpacken sollen. Beim Kollateralschaden kommen Menschen oder Dinge sozusagen aus Versehen zu Schaden. Sie werden einem angeblich größeren Ziel geopfert. In kriegerischen Auseinandersetzungen zum Beispiel spricht man von Kollateralschaden, wenn Zivilisten oder deren Hab und Gut zu Schaden kommen. Wer Mitarbeiter freisetzt, versucht das Wort „entlassen“ zu vermeiden, aber genau darum handelt es sich. Und die Umweltprämie war ein Deckmäntelchen für einen Konsumgutschein von 2.500 Euro für Besitzer von Alt-Autos. Mit der Umwelt hat es nämlich nur wenig zu tun. Der würde geholfen, wenn der öffentliche Verkehr ausgebaut würde oder es die Prämie nur für den Kauf eines Hybrid- oder Elektroautos gäbe.